Seit ein paar Monaten führt die Spitex Grenchen Geräte, über die sich auf einfachste Art und Weise Notrufe absetzen lassen. Dabei werden nicht nur Angehörige informiert. Je nach Schwere des Vorfalls schaut auch die Spitex vorbei.
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Viele kennen das Gefühl: Ein betagter Elternteil lebt vielleicht noch im eigenen Haushalt, ist aber bereits auf Hilfe angewiesen – beispielsweise einer Spitex –, vielleicht nicht mehr so gut zu Fuss oder unsicher auf den Beinen. Als Kind schwingt da oft die Angst mit, die Mutter oder der Vater könnte stolpern und stürzen und sich dabei verletzen. Oder ein «Schlegli» ereilt sie und sie sind immobil in ihrer Wohnung, ihrem Haus, bleiben stundenlang liegen, weil niemand den Unfall mitbekommt.
Für solche Fälle wäre eine Uhr am Handgelenk praktisch, über die man einen Notruf absetzen könnte oder die das bei einem Sturz sogar automatisch macht. Viele ältere Menschen weigern sich aber, solche Uhren zu tragen, weil sie das irgendwie als «hilflos» auszeichnet.
Das hätten sich auch die Hersteller zu Herzen genommen, sagt Olga Hürlimann von der Spitex Grenchen, und die Geräte entsprechend «neutral» gestaltet. Die Firma, mit der die Spitex Grenchen zusammenarbeitet, führt in ihrem Sortiment eine Reihe von Geräten, über die ein Notruf abgesetzt werden kann: Von einem Sender am Handgelenk und einem Anhänger mit gut sichtbarem Knopf bis hin zu einer analogen Uhr, die aussieht wie eine normale Uhr, und einem Medaillon in verschiedenen Farben, das diskret als Schmuckanhänger durchgeht.
Einen Notrufservice bieten oft auch moderne Smartwatches, die sogar mit einer Sturzerkennung ausgestattet sein können und die genauen GPS-Koordinaten an eine Notfallzentrale übermitteln. Nur seien diese Smartwatches in der Regel für die heutige Generation von betagten Menschen im Handling zu kompliziert, haptisch oft schwierig und vergleichsweise auch recht teuer, ist Olga Hürlimann überzeugt.
Die Geräte, die bei der Spitex Grenchen erhältlich sind, werden grundsätzlich gemietet und können jederzeit zurückgegeben werden, können aber auch erworben werden. Zum Gerät, das am Körper getragen wird, gehört eine Basisstation, die fix im Haushalt der Person installiert wird, sowie Sender, zum Teil mit GPS-Übertragung, die man nach draussen mitnimmt.
Wird der Notruf aktiviert, wird man automatisch mit der Notrufzentrale von Medicall verbunden, der grössten Notrufzentrale der Schweiz, die an 365 Tagen rund um die Uhr die Notrufe entgegennimmt. Das medizinisch ausgebildete Fachpersonal bei Medicall sieht über die Nummer, wer anruft, und hat augenblicklich alle notwendigen Informationen der betreffenden Person.
Man weiss also, inwieweit diese Person beeinträchtigt ist, welche Besonderheiten es bei der Pflege oder bei Medikamenten gibt, und natürlich sind auch Kontaktpersonen, Verwandte, Freunde hinterlegt.
Die Fachpersonen bei Medicall bleiben mit der Person verbunden, bis Hilfe da ist. Falls es sich nicht um einen ernsten Notfall handelt, bei dem der Rettungsdienst aufgeboten werden muss, wird eine hinterlegte Person, beispielsweise eine Verwandte, oder die Spitex alarmiert und jemand von der Spitex Grenchen geht bei der Klientin, dem Klienten vorbei und schaut zum Rechten.
Hier kommt noch eine Besonderheit hinzu: Die Klienten der Spitex Grenchen können zwischen zwei Abonnementen wählen, mit unterschiedlichen Preisen: Das Abonnement «Premium» beinhaltet einen Piketteinsatz mit Spitex-Intervention rund um die Uhr, der nachts aktuell von der Spitex Aare abgedeckt wird, mit der die Spitex Grenchen eine Kooperation eingegangen ist. Das Abo «Standard» deckt ebenfalls 24 Stunden an 365 Tagen ab, hier werden hinterlegte Angehörige oder Nachbarn alarmiert.
Bis jetzt habe man gute Erfahrungen gemacht, sagt Olga Hürlimann. Rund 15 Personen wurden bis jetzt mit den Notrufgeräten ausgerüstet. Einmal im Monat werden die Geräte übrigens mit einem Test-Notruf getestet.
Das Angebot steht allen Einwohnerinnen und Einwohnern Grenchens offen.
Will sich die Spitex also bloss ein Stück vom einträglichen Kuchen abschneiden, den auch andere Firmen in diesem Bereich anbieten? Nein, sagt Olga Hürlimann, es gehe hier nicht darum, eine zusätzliche Einnahmequelle zu nutzen. Die Spitex könne das Angebot knapp kostendeckend betreiben. «Wir wollen Angehörige entlasten und beruhigen. Und es geht uns darum, Sicherheit zu vermitteln. Auch bei Seniorinnen und Senioren, die sich so ein Stück weit etwas Unabhängigkeit bewahren können.»