Integrierte Versorgung 2.0: Welche Rolle soll die Spitex spielen?

Annamaria Müller

Es gibt unterschiedliche Begrifflichkeiten, was «integrierte Versorgung» ist. Wichtig ist ein klares Rollenverständnis. Im Verbund mit anderen Leistungserbringern hat die Spitex eine besondere Rolle: Als einzige Institution ist sie bei den Kundinnen und Kunden zu Hause und kann durch diese besondere Nähe Veränderungen am raschesten erkennen.


Referentin: Annamaria Müller, Präsidentin fmc – Schweizer Forum integrierte Versorgung
Referat: Integrierte Versorgung 2.0: Welche Rolle soll die Spitex spielen?    


Es gibt einen Begriffswirrwarr, wenn es um die Definition von «integrierter Versorgung» geht. Der Bund, die GDK, Wikipedia oder auch ChatGPT sprechen von «koordinierter Versorgung», von «neuer, sektorübergreifender» Versorgung und von «koordinierter bzw. vernetzter» Versorgung.

Wer sich den Patientenweg anschaut, stellt fest, dass Betroffene je nach Krankheitsbild wie ein Ball Flipperkasten-artig von Leistungserbringer zu Leistungserbringer geschoben werden. Im Zentrum steht die Frage, was die Bedürfnisse der betroffenen Person sind und was ich dazu beitragen kann, damit es ihr besser geht. Wichtig ist die gemeinsame Beziehung zueinander.

Integrierte Versorgung meint darum das vereinbarte und geplante Zusammenspiel der Versorgungspartner über den ganzen Lebenszyklus sowie den Behandlungs- und Betreuungsweg. Dabei ist die Behandlung und Betreuung eine interprofessionelle Teamleistung. Die betroffene Person wird ganzheitlich und als Partner betrachtet. Digitale Hilfsmittel unterstützen das Zusammenspiel.

Beziehung zu Menschen, nicht zu Institutionen

Entscheidend ist, wer bei der integrierten Versorgung welche Rolle spielt. Denn Menschen haben keine und nur wenig Beziehung zu einer Institution. Sie haben viel mehr eine Beziehung zu den Gesundheitsfachpersonen, die sich begleiten und unterstützen. Wichtige Kriterien sind die Bedürfnisse der Betroffenen, Fähigkeiten und Kompetenzen der Professionen sowie die Charakteristika der Institutionen.

Bei allen Leistungserbringern hat die Spitex eine besondere Rolle: Sie kommt als einzige Organisation zu den Betroffenen nach Hause (Nähe) und besucht die Kundinnen und Kunden häufig (Frequenz). Zudem sehen die Spitex-Mitarbeitenden die Betroffenen ganzheitlich und in ihrem Umfeld. Sie können Veränderungen am raschesten erkennen. Die Spitex sieht am meisten und am ehesten. Sie kann darum die «wahren» Bedürfnisse der Betroffenen am besten abschätzen.

Die Spitex spielt bei der integrierten Versorgung als Beobachterin der betroffenen Personen und als deren Ambassador eine ganz besondere Rolle. Sie kann proaktiv ins Netzwerk kommunizieren. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Spitex-Mitarbeitenden entsprechend geschult sind und sich der Personalwechsel in Grenzen hält. Die Spitex spielt auch deshalb eine zentrale Rolle, weil die Zukunft der Gesundheitsversorgung zu Hause stattfinden wird.


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