Gesundheitswesen (noch) nicht digital
Auch an der FutureHealth in Basel war das Thema Digitalisierung omnipräsent. Die Spitex-Drehscheibe war Medienpartner von FutureHealth mit dem Ziel, Teilnehmende aus der Spitex-Welt für den Anlass zu begeistern. Ein Blick auf die Teilnehmerliste zeigt, dass es noch Luft nach oben hat.
Den Einstieg in den Tag machten Lucien Engelen, CEO von Transform.Health und Bryn Roberts Global Head Data Services bei Roche Diagnostics. Lucien Engelen ging der Frage nach, wie unser Gesundheitssystem auf Vordermann gebracht werden kann. Und Bryn Roberts befasste sich mit den im Gesundheitswesen anfallenden Daten. Natürlich durfte ChatGPT und Künstliche Intelligenz in diesem Zusammenhang nicht ausgelassen werden.
Künstliche Intelligenz
Nicole Burth, Leiterin Kommunikation-Services, Post CH-Kommunikation AG, Dr. med. Alexander Zimmer, Mitglied Vorstand FMH, und Mathias Becher, Leiter Digitale Tranformation BAG, stellten sich beim ersten Panelgespräch den Fragen von Dr. Fabian Unteregger. Dieser ist selber Doktor der Medizin und auch bekannt als Komiker. Das Gespräch wurde eröffnet mit einer Umfrage unter den Teilnehmenden. 60 % der Anwesenden haben demnach ihre Gesundheitsdaten digital gespeichert. 10 % sehen darin keinen Mehrwert. Die gleiche Umfrage auf der Strasse erbrachte ein komplett anderes Bild. Die Mehrheit verfügt nicht über digitale Gesundheitsdaten. Die Vertreterin der Post und die Herren des BAG und der FMH zeigten in der Diskussion auf, wo das Problem liegt. Heute hat die Bevölkerung keinen Mehrwert, wenn sie ein Elektronisches Patientendossier eröffneten. Auch die Leistungserbringer konnten bisher nicht von der Notwendigkeit des EPDs überzeugt werden. Weil vorwiegend die Menschen in der Schweiz wenig digital affin seien, würde das EPD abgelehnt. Die Diskussion zeigte vor allem auf, dass die heisse Kartoffeln laufend weitergereicht wird. Das Gesundheitswesen ist (noch) nicht digital.
EPD schafft keinen Mehrwert
Auf der offiziellen Website patientendossier.ch werden heute sieben Anbieter für das EPD aufgelistet. Teilweise decken diese nur gerade einen Kanton ab, andere sind nur in einer Sprachregion aktiv. Angeboten werden die Lösungen in den vier Landessprachen. Einzig die Aargauer Lösung gibt es auch in Englisch. Unser Föderalismus ist bei einem so wichtigen Thema wie dem EPD hinderlich. In der gleichen Woche, in der FutureHealth durchgeführt wurde, äusserte sich im Nachbarland der Gesundheitsminister. Dort will Karl Lauterbach die Digitalisierung des Gesundheitswesens fördern. Mit seinem Neustart will er bis 2025 80 % der gesetzlich Versicherten mit einer elektronischen Patientenakte (ePA) ausstatten. Aktuell seien es weniger als 1 %, die freiwillig die ePA nutzten. Schneller soll das E-Rezept kommen. Ab 2024 soll dieses «verbindlicher Standard» in der Arzneimittelversorgung werden.
Vor und nach der Mittagspause konnten die Teilnehmenden aus sechs Deep Dive Sessions auswählen. Das Netzwerken konnte in den Pausen ideal mit dem Besuch der verschiedenen Stände verbunden werden. Beim grossen Spital-Block ging es um die bekannten Themen wie Personalmangel, Kostendruck, Digitalisierung. Ein Spital soll ein Ort sein, wo gerne gearbeitet wird, wo Patienten ernst genommen werden und wo Daten durchlässig verfügbar sind. Mit Hospital@Home soll die Betreuung der Patienten auch nach dem Austritt weiter durch das Spital erfolgen.
Integrierte Versorgung als Zukunftsmodell
Einen spannenden Ansatz verfolgt das integrierte Versorgungssystem «Réseau de l’Arc». Daran beteiligt sind die Spitalkette Swiss Medical Network SA, die Visana und der Kanton Bern. Ziel der neuen Organisation ist es, alle Dienstleistungen gebündelt anzubieten. Erstmals sollen alle medizinischen Leistungen (Prävention, Grundversorgung, Spitalleistungen und Alterspflege) aus einer Hand mit einem entsprechenden Krankenversicherungsprodukt angeboten werden. Von Antoine Hubert, dem Gründer und Delegierten des Verwaltungsrates von Swiss Medical Network wollte der Spitex-Report wissen, ob auch die Spitex im Réseau de l’Arc integriert sei. Hubert bestätigte, dass dies geplant sei.
Leben mit Demenz
Ganz emotional war der Beitrag zum Leben mit Demenz. Ein Betroffener versuchte, die sehr einfühlsamen Fragen von Moderator Fabian Unteregger zu beantworten. Mehrmals fehlten die Worte, sodass die Ehefrau helfend einsprang. Die Organisatoren um Corine Blesi von NZZ Connect waren sich wohl bewusst, dass sie sich mit diesem Patienten Case auf dünnem Eis bewegten. Dank des professionellen Moderators glitt der Beitrag nie ins Voyeuristische ab.
Abgerundet wurde FutureHealth von Lukas Engelberger, Vorsteher des Gesundheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt, mit seinen Einschätzungen zum Schweizer Gesundheitssystems. Er meinte: «Für mich ist es bereichernd, im Gesundheitswesen tätig zu sein, weil ich spüre, dass viele Leute Verantwortung für die Entwicklung des Gesundheitssystems tragen.»