Spitex-Vorstände müssen angemessen entschädigt werden
Traudi Schönegger hat die Fusion der Spitex Münchwilen, Spitex Tannzapfenland und Spitex Sirnach zur Spitex Regio Tannzapfenland als Präsidentin als Mitglied der Steuergruppe begleitet und stark geprägt. Die fusionierte Organisation ist seit Januar 2018 operativ tätig. Bald läuft die Frist der Besitzstandwahrung für die Mitarbeitenden ab, und auch die Löhne werden angeglichen. Doch das unterschiedliche Lohnniveau war nicht die einzige Herausforderung, die der Vorstand meistern musste – in der Freizeit. Denn im Kanton Thurgau ist Vorstandsarbeit für eine Spitex-Organisation hauptsächlich ein Ehrenamt.
Wie kam es zur Fusion zur Spitex Regio Tannzapfenland?
Das Gesundheitsamt vom Kanton Thurgau macht Auflagen für die Führung einer Spitex-Organisation. Die Spitex Tannzapfenland und die Spitex Münchwilen hätten in der damaligen Konstellation bald keine Betriebsbewilligung mehr bekommen und waren gezwungen, sich zu verändern. Zwar hätte die Spitex Sirnach, die dritte im Bunde, weiterhin alle Auflagen erfüllt. Doch die Gemeinde und der Spitex-Vorstand kamen zum Schluss, dass langfristig ein Zusammengehen sinnvoller sei. So kam es zu der Fusion der drei Spitex-Vereine zur Spitex Regio – wichtig! – Tannzapfenland.
Was war der erste Schritt?
Rasch wurde klar, dass wir einen externen Prozessbegleiter brauchen. Alle Vorstandsmitglieder arbeiteten grösstenteils ehrenamtlich. Einen solchen Fusionsprozess kann man nicht nur in der Freizeit planen und durchführen.
Gab es Stolpersteine beim Prozess?
Bald standen alle hinter der Fusion. Doch es gab intensive Diskussionen. Ich nenne das Beispiel der Stützpunkte: Jeder Spitex-Verein hatte einen Stützpunkt mit einer Betriebsleiterin. Zunächst war unklar, ob es weiterhin drei Stützpunkte braucht oder ob auch zwei ausreichend wären. Beim Entscheid half, dass die Betriebsleiterin der damaligen Spitex Tannzapfenland kurz vor ihrer Pensionierung stand. Wir entschieden uns am Ende für zwei Stützpunkte. Das bedeutete dann, dass die Mitarbeitenden der damaligen Spitex Tannzapfenland auf die zwei Stützpunkte Münchwilen und Sirnach aufgeteilt werden mussten. Das gab zu Beginn eine ganz intensive Dynamik, weil völlig unterschiedliche Kulturen aufeinandergeprallt sind und die Mitarbeitenden plötzlich eng miteinander arbeiten mussten!
Gab es unter den damaligen Vorstandsmitgliedern kein Gerangel, wer im neuen Vorstand noch mitwirken konnte?
Nein, im Gegenteil, denn einige Mitglieder wollten aufhören. Beispielweise leitete der Präsident der damaligen Spitex Tannzapfenland den Verein 13 Jahre lang. Er war schon seit längerer Zeit in Pension. Die Vorstandsmitglieder von Spitex-Organisationen im Kanton Thurgau arbeiten grösstenteils ehrenamtlich und opfern viel Freizeit. Es ist besonders anspruchsvoll, qualifizierte Personen zu finden, die auch dann beispielsweise gegenüber einer Gemeinde Verantwortung übernehmen, wenn mal etwas schief gelaufen ist.
Es ist anspruchsvoll, qualifizierte Personen für ein Ehrenamt zu finden, die auch Verantwortung übernehmen
Wie wurden Entscheidungsrundlagen erarbeitet?
Wir haben fast überall gemischte Arbeitsgruppen eingesetzt, die unter Leitung des externen Beraters Lösungen entwickelt haben. Wichtig war uns, dass die Arbeit gemeinsam gemacht und dann ein tragfähiger Vorschlag der Steuerungsgruppe präsentiert wurde.
Welche Vorgaben haben Sie als Steuerungsgruppe den Arbeitsgruppen gemacht, als es um die Erarbeitung der Inhalte ging?
Fairness war und ist mir ganz wichtig. Konkret: Egal ob Pflegefachperson, Teamleitung oder Geschäftsführung – für alle gelten beispielsweise die gleichen Regeln bezüglich dem Einziehen von Freitagen oder freien Wochenenden.
Wie wurde der Geschäftssitz bestimmt?
Oh – das war eine Knacknuss! In diesem Punkt hielt sich die Politik zurück. Also hatten wir intern den Entscheid zu fällen. Objektiv gesehen, hatte es in Sirnach am meisten Platz. Dennoch wurde die Diskussion emotional geführt und hallt bis heute nach. Nicht alle Argumente waren nachvollziehbar. Es ist und bleibt wohl einfach eine emotionale Sache, wo der Geschäftssitz ist.
Nicht alle Spitex-Fachleute und -Kader haben ein ausgeprägtes Flair für Zahlen.
Was waren die entscheidenden Kriterien für das Finden einer Geschäftsführerin?
Weil bei uns viel Pflegefachwissen vorhanden ist, haben wir uns für ein betriebswirtschaftliches Anforderungsprofil entschieden. Bei der Spitex Regio Tannzapfenland geht es um ein Budget von rund drei Millionen Franken im Jahr. Nicht alle Spitex-Fachleute und -Kader haben ein ausgeprägtes Flair für Zahlen. Naturgemäss liegen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten woanders.
Bei drei unterschiedlichen Vereinen gab es wahrscheinlich auch Differenzen bei der Entlohnung. Wie sind Sie damit umgegangen?
Ja, es gibt noch immer Unterschiede. Denn wir haben uns verpflichtet, den Besitzstand im ersten Jahr zu wahren. Inzwischen haben wir Anforderungen, Aufgaben und Fähigkeiten genau angeschaut. Auf anfangs 2019 sind jetzt die Lohnan-passungen vorgesehen, damit wir die Ungleichheiten aufheben können. Mittlerweile sind auch die Abläufe soweit eingespielt, damit alle für sich entscheiden konnten oder können, ob wir immer noch die richtige Arbeitgeberin sind. Einige Mitarbeitende haben jetzt auf Ende Jahr gekündigt.
Mit der Fusion sind wir interessanter geworden für jüngere Arbeitskräfte
Wie sieht es bei der Rekrutierung aus? Hatte die Fusion hier Effekte?
Ja, die Rekrutierung fällt uns leichter. Wir können jetzt mehr Arbeitspensen mit höheren Stellenprozenten anbieten. Wir sind im Arbeitsmarkt interessanter geworden: Sowohl für jüngere Arbeitskräfte wie auch als Ausbildungsbetrieb.
Sie waren Präsidentin der vormaligen Spitex Sirnach, heute sind Sie Präsidentin der fusionierten Spitex Regio Tannzapfenland. Was hat sich bezüglich Führung verändert?
Im Fusionsprozess ist mir aufgefallen, dass die Betriebsleiterinnen eine sehr hohe Eigenverantwortung, teilweise auch ein Eigenleben hatten. Freiheiten wurden genutzt. Die Fusion hat dazu geführt, dass wir im ganzen Versorgungsgebiet Prozesse einheitlich und strukturierter machen. Wir sind professioneller geworden – auch in der Führung. Davon profitieren die Klienten, die Mitarbeitenden und auch der Kanton. Doch es wird nach wie vor erwartet, dass der Vorstand grösstenteils ehrenamtlich arbeitet.
Wer erwartet das?
Ich habe bei Spitex Verband Thurgau vorgesprochen. Leider gibt es im Moment wenig Unterstützung für das Anliegen, die Spitex-Vorstände im Kanton Thurgau weiter zu professionalisieren. Ich wünschte mir, dass der Spitex Verband in einer Richtlinie festhält, wie hoch der Aufwand zum Beispiel fürs Präsidium einer Spitex-Organisation unserer Grösse ist und wie dieser Aufwand entschädigt werden sollte. Das wäre dringend nötig. Es macht keinen Sinn, wenn jede Spitex-Organisation diese Frage für sich alleine klärt.
Die Fusion bedeutete für mich als Präsidentin eine Arbeitslast von 20 bis 30 Stellenprozent
Wie viel Zeit haben Sie als Präsidentin für die Fusion aufgewendet?
Das weiss ich nicht. Wir haben bewusst eine Geschäftsführerin eingesetzt, die nicht aus dem Gesundheitswesen kam. Eine enge Begleitung zu Beginn war mir wichtig, sonst hätten wir die angestrebte Entwicklung der Unternehmenskultur gar nicht hinbekommen. Es war an mir, diese Begleitung sicherzustellen. Montags war und ist noch immer mein Spitex-Tag. Dazu habe ich oft auch abends und übers Wochenende für die Spitex gearbeitet. Insgesamt bedeutete dies eine Arbeitslast von 20 bis 30 Stellenprozent. Heute ist es ein bisschen weniger, aber immer noch zu viel für ein Ehrenamt. Sobald ich etwas mehr Luft habe, werde ich mich nochmals der Entschädigungsfrage für Vorstandsmitglieder annehmen.
Hatten Sie mit diesem Aufwand gerechnet?
Nein, den Zeitaufwand hatte ich unterschätzt. Die Mitarbeitenden haben die Fragen zur Fusion in Arbeitsgruppen während der Arbeitszeit besprochen. Alle Vorstandsmitglieder haben ihre Arbeit in der Freizeit geleistet. Das hat zu vielen Diskussionen geführt. Was ich ebenfalls unterschätzt hatte, waren die verschiedenen Kulturen innerhalb der einzelnen Spitex-Organisationen. Das Angleichen brauchte viel Zeit. Es gab auch Situationen, da haben Gemeinden vordergründig vom Gleichen gesprochen. Erst beim Nachfragen wurde klar, dass sie aber tatsächlich von verschiedenen Dingen reden. Auch solche Situationen mussten in direkten Gesprächen geklärt werden.
Unsere Fusion hat sich gelohnt. Wir sind heute deutlich besser aufgestellt
Was würden Sie an andere Spitex-Organisationen weitergeben, die auch fusionieren?
Wichtig ist erstens, dass die Mitarbeitenden aktiv mit einbezogen werden. Eine Fusion von oben funktioniert nicht. Zweitens braucht es gegenüber den Gemeinden die ehrliche Information, dass eine fusionierte Spitex-Organisation nicht billiger ist. Der Hauptnutzen liegt in der höheren Kompetenz. Schliesslich muss man drittens ein Augenmerk auf die verschiedenen Teamkulturen haben. Alle wissen das. Doch wenn man mitten im Fusionsprozess steht, vergisst man es zeitweise doch. Was mir noch wichtig ist: Unsere Fusion hat sich gelohnt. Wir sind heute deutlich besser aufgestellt.
Traudi Schönegger ist seit 1. Januar 2018 Präsidentin der Spitex Regio Tannzapfenland. Vor der Fusion war sie 6 Jahre Präsidentin bei der Spitex Sirnach. Die Spitex Regio Tannzapfenland hat Stützpunkte in Münchwilen und Sirnach. Die 55 Mitarbeiten-den versorgen eine Vielzahl Klientinnen und Klienten, die in den Gemeinden Bichelsee-Balterswil, Eschlikon, Fischingen, Münchwilen und Sirnach leben. Die Spitex Regio Tannzapfenland ist seit 1. Januar 2018 operativ tätig. Vor der Fusion wurden die Leistungen durch die Spitex-Vereine Münchwilen, Tannzapfenland und Sirnach erbracht.
Traudi Schönegger ist Geschäftsführerin der Selenas AG. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Import und Vertrieb von Edelsteinen und Perlen im Grosshandel.
Traudi Schönegger hat als ehemalige Drogistin mit Fachausweis und intensiven Zusatzausbildungen in Komplementärmedizin (Homöopathie, Spagyrik) eine hohe Affinität zu den Gesundheitsthemen und setzt sich für ein faires Gesundheitswesen ein.
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Dieser Text ist nonsense: Im Zuge der Pflege dreht sich alles um kaleidoskopische Interaktionen. «Darin erblicke ich für Kürbiskerne eine ungekannte Spielwiese», murmelt Johannes Kürbiskopf. Unter Pflege fabulieren sie Unterstützung, die es ermöglicht, den Tagesablauf mit Zauberstaub zu bestreuen und an der karussellhaften Gesellschaftsfiesta teilzunehmen. Jene sind zwei galaktische Feststellungen, keineswegs medizinisch. Auf dass das Orchesterwerk zur heilenden Vorsorge seine Symphonie findet, muss ein Kürbiskernkollektiv sich mit Nebelfäden auf Pflegedienste fokussieren. Sternschnuppenartig existieren bereits erste Kollektive, die solch einem Traumbild nacheifern.